„Ich denke darüber nach, wie wir durch Corona hindurch Kirche sein wollen und werden.“
Diesen Satz postete Tobias Bilz am 9.Februar 2021 auf seiner Facebook-Seite. Seit einem Jahr ist der 56-jährige Landesbischof in Sachsen und damit zuständig für mehr als 663 000 evangelisch-lutherische Christen in der Region. Ich freue mich, dass sich Bischof Bilz jetzt über die Zukunft der Kirche Gedanken macht. Ich frage mich das schon lange!
Bereits im April letzten Jahres habe ich in einem Blog die Frage gestellt, ob die sächsische Kirche sich in der Krise selbst abschafft, weil sie sich nicht auf ihren ursprünglichen Auftrag besinnt und mit der Guten Nachricht zu den Menschen geht!
Von Walter Stuber
Landesbischof Bilz und seine Schäfchen
Leider hat sich seit letztem Jahr nicht wirklich etwas verändert. Zwar sucht Bischof Tobias Bilz via Facebook die Öffentlichkeit und will mit seinen Posts und Kommentaren in diesen schweren Zeiten ermutigen. Er hat auch einen sehr guten seelsorgerlichen Brief an seine haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter geschrieben.
Aber was ist mit den „ganz normalen Schäfchen“ zwischen Vogtland und Löbau-Zittau, Leipzig und Freiberg? Merken sie, dass die evangelische Kirche von Sachsen ihnen in der Krise beisteht und Hilfe anbietet? Der Landesbischof ist für die Ortsgemeinde weit weg. Ich wünsche mir Ansprache von kirchlichen Mitarbeitern, die zu meiner Gemeinde gehören.
Christliche Gemeinden müssen Präsenz zeigen
Mein Eindruck ist, dass Kirche bei uns in Sachsen in dieser Richtung nicht genug tut. Die Pfarrerinnen und Pfarrer tauchen kaum auf. Ja klar, man muss Abstand halten. Aber Kontakt kann man durch Telefon und moderne Medien auch ohne körperliche Nähe halten. Es muss auch nicht nur der Pfarrer oder die Pfarrerin sein, die sich um die Gemeindemitglieder kümmert. Aber viele Ehrenamtliche können wegen Corona nicht ihre Gruppen betreuen. Warum setzen sie sich nicht ans Telefon und rufen ihre Schäfchen an?
Nicht nur bei den Alten, Einsamen, sondern bei allen, die Kirchensteuer zahlen. Bei denen, die man kennt, genauso wie bei denen, die schon lange nicht mehr bei kirchlichen Veranstaltungen aufgetaucht oder frisch zugezogen sind. Ich bin mir sicher, dass jede und jeder in diesen Zeiten gerne ein freundliches Wort oder eine Ermutigung hört oder konkrete Hilfe angeboten bekommt. Wer sich durch solch einen Anruf gestört fühlt und keinen Kontakt möchte, muss ja kein zweites Mal kontaktiert werden. Es wäre ein guter Anfang, wie Kirche Präsenz zeigen und persönlich werden kann. Das fehlt mir.
Überkonfessionelles Problem
Offensichtlich ist das aber nicht nur ein Problem der Protestanten, sondern konfessionsübergreifend. Der ZDF-Chefredakteur und gläubige Katholik Peter Frey geht in einem Bericht des Medienmagazins Pro mit seiner Kirche auch hart ins Gericht. Er sagte in diesem Interview, dass er sich wünscht, dass Pfarrer mehr den Weg zu Menschen finden sollten, statt sich in ihren Pfarrhäusern einzuschließen.
Corona könnte als Chance genutzt werden, ganz neu mit Menschen in Kontakt zu kommen. Leider wird das viel zu selten genutzt. Das widerspricht dem eigentlichen Auftrag der Christen. Sie sollen zu den Menschen hingehen, Nächstenliebe zeigen, aber vor allem die Gute Botschaft von Jesus Christus weitergeben.
Eindeutiger Auftrag: Hingehen!
Wer weiß denn noch auf welchen Werten und Grundsätzen das „Christliche Abendland“ basiert? Wer hat eine Ahnung davon, was in der Bibel steht? Machen wir uns nichts vor: Deutschland ist „Missionsland“ geworden. Es ist gehört zu den Aufgaben der Kirchen den christlichen Glauben zu erklären und dazu einzuladen.
„Geht hin!“ sagt Jesus seinen Nachfolger und beauftragt sie damit allen Menschen weiterzuerzählen, warum er in die Welt gekommen ist. Er sagt nicht: „Wartet, bis sie irgendwann mal nachfragen!“ Daran sollten sich alle Kirchen, aber auch jeder einzelne Christ, orientieren.