Allgemeine Themen

Allgemeine Themen / 3. Juni 2025

Die Gerüstbaubranche am Scheideweg: Digitalisierung, KI und die Zukunftsfähigkeit eines traditionellen Handwerks

Bildindex KI
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In meinen 48 Berufsjahren im Gerüstbau habe ich vieles erlebt – Innovationen, wirtschaftliche Höhen und Tiefen, regulatorische Veränderungen. Eines jedoch bleibt erschreckend konstant: die Resistenz gegen grundlegende Veränderung in einem Großteil unserer Branche. Während die Welt um uns herum durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz revolutioniert wird, verharren viele Gerüstbauunternehmen in Arbeitsweisen, die bereits vor einem halben Jahrhundert als veraltet hätten gelten sollen.

Eine Branche im Stillstand 

Es ist eine unbequeme Wahrheit, aber sie muss ausgesprochen werden: Zahlreiche Gerüstbauunternehmen arbeiten heute noch genau so wie vor 50 Jahren. Die gleichen Prozesse, die gleichen Abläufe, die gleiche Dokumentationsweise. In einer Zeit, in der selbst traditionellste Handwerke die Vorteile digitaler Werkzeuge erkennen, scheint der Gerüstbau in vielen Bereichen in einer Zeitschleife gefangen zu sein.

Der Generationswechsel, der in anderen Branchen oft mit einem Modernisierungsschub einhergeht, hat im Gerüstbau vielerorts nicht die erhoffte Wirkung erzielt. Warum? Weil die Weitergabe von Wissen unvollständig blieb. Die erfahrenen Gerüstbaumeister haben den jungen Nachwuchskräften zwar beigebracht, wie man ein Gerüst nach altbewährten Methoden aufbaut, aber nicht, wie man Prozesse effizienter gestalten könnte. Eine verpasste Chance, die nun zum existenziellen Risiko für viele Betriebe wird.

Die Versäumnisse der Gerüsthersteller 

Auch die Gerüsthersteller müssen sich ihrer Mitverantwortung stellen. Während andere Industriezweige längst umfassende Digitalisierungsstrategien verfolgen, beschränken sich Innovationen im Gerüstbau oft auf inkrementelle Verbesserungen bestehender Systeme. Wo sind die digitalen Zwillinge für Gerüstkonstruktionen? Wo die KI-gestützten Planungstools, die automatisch die effizientesten und sichersten Aufbauweisen vorschlagen? Wo die Integration von Sensortechnologie für Zustandsüberwachung und präventive Wartung?

Die Gerüsthersteller haben es versäumt, als Innovationstreiber zu fungieren und den Markt auf die digitale Transformation vorzubereiten. Stattdessen wurde zu oft auf das bewährte Geschäftsmodell vertraut, ohne den Blick in die Zukunft zu richten.

Unser Weg bei Gemeinhardt Service GmbH 

Als Vor- und Querdenker habe ich bei der Gemeinhardt Service GmbH schon vor zwei Jahren erkannt, dass wir uns verändern müssen, um zu überleben. Gemeinsam mit Dirk Eckart haben wir eine umfassende Digitalisierungs- und Automatisierungsstrategie implementiert und sämtliche Prozesse im Unternehmen auf digital umgestellt.

Ich bin Dirk außerordentlich dankbar, dass er als Gesellschafter bereit war, diese Transformation mitzutragen und zu finanzieren. Durch diese zukunftsweisende Entscheidung haben wir die Gemeinhardt Service GmbH auf ein völlig neues Niveau gehoben und für unsere Nachfolger ein Unternehmen geschaffen, das für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet ist.

Künstliche Intelligenz als Chance hier geht’s zum Chatbot 

KI ist nicht nur ein Schlagwort – sie ist eine fundamentale Veränderung in der Art, wie wir arbeiten können. In unserem Betrieb nutzen wir KI-Systeme für:

  • Die automatisierte Erstellung von Angeboten basierend auf Projektparametern
  • Die Optimierung von Materialeinsatz und Logistikketten
  • Die Vorhersage von Wartungsbedürfnissen und potentiellen Sicherheitsrisiken
  • Die Effizienzsteigerung in der Verwaltung und Dokumentation

Diese Technologien haben unsere Produktivität erheblich gesteigert, Fehlerquoten reduziert und die Zufriedenheit unserer Kunden verbessert. Gleichzeitig konnten wir unsere Mitarbeiter von repetitiven Aufgaben entlasten und ihnen Raum für wertschöpfende Tätigkeiten geben.

Die Talentschmiede – Zukunft weitergeben lesen sie auch hier 

Besonders stolz bin ich auf unsere “Talentschmiede“, in der wir junge Menschen zu Gerüstbauern ausbilden und auch den Söhnen und Töchtern von Gerüstbauunternehmern zukunftsweisende Ideen und Fähigkeiten vermitteln. Wir lehren ihnen nicht nur das traditionelle Handwerk, sondern auch den Umgang mit digitalen Werkzeugen, KI-Systemen und modernen Managementmethoden.

Diese jungen Menschen werden die Zukunft der Branche gestalten – vorausgesetzt, wir geben ihnen das richtige Rüstzeug mit auf den Weg. Und dieses Rüstzeug besteht heute eben nicht mehr nur aus Hammer und Wasserwaage, sondern auch aus digitalen Kompetenzen und einem Verständnis für datengestützte Entscheidungsprozesse.

Ein dringender Weckruf 

Dieser Blog ist ein Weckruf an die gesamte Gerüstbaubranche:

Die Zeit des Zögerns ist vorbei. Wer heute nicht in die Digitalisierung und KI-Integration investiert, wird morgen nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Die Kostenstrukturen, die Kundenerwartungen und die regulatorischen Anforderungen verändern sich so schnell, dass traditionelle Arbeitsweisen schlicht nicht mehr wirtschaftlich sein werden.

An die Gerüstbauunternehmen: Überdenkt eure Prozesse. Hinterfragt eure Arbeitsweisen. Investiert in die digitale Transformation eurer Betriebe. Es geht nicht darum, das Handwerk zu ersetzen, sondern es zu unterstützen und effizienter zu gestalten.

An die Gerüsthersteller: Werdet eurer Verantwortung als Innovationstreiber gerecht. Entwickelt integrierte Lösungen, die über die reine Hardwarekomponente hinausgehen. Schafft digitale Ökosysteme, die den gesamten Lebenszyklus eurer Produkte abdecken.

An die Branchenverbände: Fördert den Wissensaustausch und die Weiterbildung im Bereich Digitalisierung und KI. Schafft Plattformen für den Erfahrungsaustausch und die Entwicklung von Branchenstandards für digitale Prozesse.

Fazit: Der Wandel ist unausweichlich

In meinen fast fünf Jahrzehnten im Gerüstbau habe ich viele Veränderungen erlebt, aber keine war so tiefgreifend wie die digitale Transformation, die wir derzeit durchlaufen. Die gute Nachricht ist: Es ist noch nicht zu spät. Aber die Zeit drängt.

Die Gerüstbaubranche steht am Scheideweg. Der eine Pfad führt in eine Zukunft, in der traditionelles Handwerk und moderne Technologie Hand in Hand gehen und neue Maßstäbe in Effizienz, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit setzen. Der andere führt in die Bedeutungslosigkeit.

Die Wahl liegt bei jedem einzelnen Unternehmen. Bei Gemeinhardt Service GmbH haben wir unsere Entscheidung getroffen – für Innovation, für Digitalisierung, für die Zukunft. Ich lade euch ein, denselben Weg zu gehen.

Walter Stuber

Allgemeine Themen / 15. April 2025

Die digitale Welt im Wandel: Zwischen Fake News und positiver Kommunikation

Bild: Walter Stuber
Bild: Walter Stuber

In den letzten 15 Jahren hat die digitale Revolution rasant an Fahrt aufgenommen. Die Einführung sozialer Medien hat unsere Art, miteinander zu kommunizieren, grundlegend verändert. Plattformen wie WhatsApp ermöglichen uns, in Echtzeit mit Freunden und Familie zu kommunizieren, doch sie bringen auch Herausforderungen mit sich. Wir leben in einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Wahrheit und Fiktion zunehmend verschwommen sind. Meldungen, die uns erreichen, sind oft von einem hohen Anteil an Sensationsgier und negativer Berichterstattung geprägt. Tatsache ist, dass wir häufig nicht mehr unterscheiden können, ob die Nachrichten, die wir konsumieren, tatsächlich echt oder Fake sind.

Nehmen wir zum Beispiel die Nachrichten, die wir täglich in unseren sozialen Medien sehen. Viele überfliegen die Schlagzeilen und konzentrieren sich auf die negativen Aspekte. Positives, wie ein Hilferuf oder eine Botschaft der Dankbarkeit, wird oft ignoriert oder übersehen. Dies habe ich selbst in einem aktuellen Experiment auf meinem WhatsApp-Status festgestellt. Ich bat um Hilfe und legte einen Zeitraum von 6 Uhr bis 13 Uhr fest. Von insgesamt 91 Personen, die meine Nachricht gesehen hatten, fragten lediglich 21, was los sei. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir als Gesellschaft oft nicht bereit sind, uns für andere einzusetzen, während wir uns gleichzeitig an negative Nachrichten klammern.

In den letzten zwei Jahren habe ich damit begonnen, regelmäßig Nachrichten über Dankbarkeit, Glauben und die positiven Aspekte des Lebens in meinem WhatsApp-Status zu teilen. Die Resonanz darauf war jedoch eher gering. Das bringt mich zu einer grundlegenden Frage: Warum suchen die Menschen so oft nach Angst und Schrecken? Warum sind wir schneller bereit, negative Geschichten zu teilen, als positive?

Es ist an der Zeit, das Ruder herumzureißen und die positiven Aspekte des Lebens zu betonen. Wir brauchen Mutmacher, die den Glauben an das Gute im Menschen stärken, und Menschen, die positive Gedanken teilen und diskutieren. Diese positiven Botschaften sind nicht nur wichtig für unser eigenes Wohlbefinden, sondern auch für das unserer Gemeinschaft. Wenn wir unser Umfeld ermutigen, mehr über Dankbarkeit und Hoffnung zu sprechen, können wir gemeinsam eine Kultur des positiven Denkens schaffen.

Die digitale Welt hat viel Positives zu bieten, aber wir müssen uns aktiv dafür entscheiden, die Art von Kommunikation zu fördern, die wir uns wünschen. Wenn wir uns durch unsere Kommunikation bewusst für Positives, können wir eine Veränderung bewirken. Daher lade ich alle ein, sich an dieser Bewegung zu beteiligen. Teilen wir Dankbarkeit und positive Gedanken und helfen wir einander, das Gute im Leben zu erkennen und zu schätzen.

Lasst uns gemeinsam die digitale Welt zu einem besseren Ort machen, in dem positive Botschaften an erster Stelle stehen. Wir können damit beginnen, jeden einzelnen Tag und in jedem einzelnen Gespräch!

Ich darf herzlichst Einladen zu meinem Gastbeitrag Osterbotschaft von Stefan Markus vom CMS (Christliche Motorradfahrer Sachsen) der am 20.04.2025 auf meinem Blog walter-stuber.de veröffentlicht wird.

Ganz Privat / 4. März 2025

Dankbare Erinnerung an Prof. Dr. Jörg Knoblauch

Bild: Gemeinhardt Service GmbH
Bild: Gemeinhardt Service GmbH

Vor vielen Jahren kreuzten sich unsere Wege zum ersten Mal. Es war eine Begegnung, die meinen Blick auf Führung und Unternehmensführung nachhaltig prägte. Im Jahr 2013 lernte ich Jürgen Frey kennen, und mit ihm das Buch „Mein Freund, der Kunde“. Beide waren sie Teil der Firma Tempus, und ihr Einsatz hat in meinem beruflichen Leben eine neue Bahn eingeschlagen.

Besonders begeistert hat mich das Modell mit dem ABC-Personal – eine Methode, die es Führungskräften ermöglicht, Mitarbeiter nicht nur zu verstehen, sondern sie aktiv in den Veränderungsprozess zu integrieren. Jörg Knoblauch war mehr als ein Mentor; er lebte unseren Glauben auf eine Art und Weise, die ansteckend war. Schnell fand ich mich in dem christlichen Sprinter Club wieder, wo wir uns regelmäßig mit anderen Unternehmerinnen und Unternehmern austauschten. Die Inspiration, die ich dort erhielt, war enorm und hat mich dazu angeregt, stets an meiner Entwicklung zu arbeiten.

Ein Meilenstein in dieser Reise war die Einführung eines mehrstufigen Einstellungsprozesses, gefolgt von internen Umfragen und regelmäßigen Mitarbeitergesprächen. Besonders beeindruckend war die Möglichkeit für die Mitarbeiter, die Geschäftsleitung zu bewerten. Diese Offenheit erkannte ich als entscheidend für eine gesunde Kommunikation. Es wurde mir schnell klar, dass ich in der Art, wie ich mit meinen Mitarbeitern kommuniziere, Verbesserungen vornehmen musste. Ein wahrer Veränderungsprozess in meinem eigenen Leben begann.

Jörg Knoblauch verstarb am 7. Februar dieses Jahres, und der Verlust ist spürbar. Seine inspirierende Art wird uns fehlen. Sein Beitrag zu unserem Buch „Mutmacher, das Praxishandbuch von zwei verrückten Unternehmern“ bleibt ein wertvolles Erbe. Ich fühle mich geehrt, ihn auf drei Reisen begleiten zu dürfen – zweimal ins Silicon Valley und einmal auf einer christlichen Reise von New York nach Boston. Diese Erlebnisse haben nicht nur meine Sichtweise bereichert, sondern mir auch wertvolle Lektionen erteilt.

Zusätzlich möchte ich zwei YouTube-Kanäle mit Nachrufe von Jörg Knoblauch empfehlen, die mich ebenfalls inspiriert haben: den von Dirk Kreuter und den von Markus Rapp. Ihr gemeinsames Wirken hat mir neue Perspektiven eröffnet. Und nicht zu vergessen, die prägnante Lektüre von „Die Cheffalle“ und anderer Bücher von Jörg Knoblauch, die ich mit Begeisterung gelesen habe – sie haben mir Impulse gegeben, die mein unternehmerisches Handeln nachhaltig beeinflussen.

Abschließend möchte ich ein aufrichtiges Dankeschön an seine Ehefrau Elfi, an seine Schwester Traudel sowie an alle Mitarbeiter, Freunde und Bekannte aussprechen. Jörg Knoblauch hinterlässt eine Lücke, die mit Worten kaum beschrieben werden kann. Doch sein Vermächtnis wird in jeder inspirierenden Gedanke fortleben, den er uns geschenkt hat. Die Reise, die er begonnen hat, wird weitergeführt – in unseren Herzen und durch die Werte, die er uns vermittelt hat. 

Möge er in Frieden ruhen, während wir die Lehren, die er uns hinterlassen hat, weiterhin leben und teilen. 

 

Allgemeine Themen / 7. Januar 2025

Wenn die Tür zu bleibt: Gedanken an meine Freunde

Bild: Gemeinhardt Service
Bild: Gemeinhardt Service

Liebe Freunde,

manchmal gibt es Momente im Leben, die uns zutiefst berühren und verwirren. In solchen Augenblicken stehe ich oft vor einer geschlossenen Tür und frage mich, was geschehen ist. Ihr wisst, wie wichtig die Beziehungen zu den Menschen in meinem Leben für mich sind – von meiner Kindheit in Heilbronn bis hin zu den Jahren in Bayern und jetzt in Mittelsachsen.

Ich erinnere mich an meine unbeschwerten Tage in Brackenheim, wo ich mit Freunden abhängte und die Welt um uns herum entdeckte. Diese Erinnerungen sind die Wurzeln meiner Identität. Doch was passiert, wenn diese Wurzeln plötzlich entwurzelt werden? Wenn Ghosting, das unsichtbare Ablegen von Beziehungen, uns trifft? 

Vor einigen Monaten erlebte ich solch einen Kontaktabbruch. Jemand, der mir viel bedeutete, und ich standen vor der Stille. “Es liegt nicht an dir,” hörte ich. Aber wieso dann? Diese Fragen, die im Kopf kreisen, können so quälend sein. Sie führen mich zurück zu den intensiven Erlebnissen in Eibensbach – zu den Abenteuern, die wir gemeinsam hatten. Diese tiefen Verbindungen waren lebendig – und jetzt fühle ich mich zurückgeworfen in einen Raum ohne Antworten.

Im Alter von 20 Jahren kam ich nach Oberbayern. Dorfen, Erding, München – sie wurden meine neuen Heimatorte, jeder mit seinen eigenen Geschichten und Herausforderungen. Aber nun, ab meinem 33. Lebensjahr, lebe ich in Mittelsachsen, genauer gesagt in Rosswein und Leisnig. Diese neue Umgebung hat mein Leben erneut verändert. Die sanfte Hügellandschaft und die tiefen Wälder bringen eine Ruhe mit sich, die ich sehr schätze. Doch das Gefühl des Verlustes und der Unsicherheit schwingt weiterhin mit.

In einem Podcast hörte ich über Ghosting, und es stellte sich heraus: Ich bin nicht allein mit diesen Erfahrungen der Hilflosigkeit. Auf der Suche nach Trost erzählen mir Freunde, ich solle vergeben. Doch es geht nicht um Vergebung – es geht um das Trauern um eine Beziehung, die wertvoll war. Wenn eure eigenen Herzen durch die Stille einer geschlossenen Tür schlagen, denkt daran: Ihr seid nicht allein. 

Ich erinnere mich an einen Besuch bei diesem Menschen, bei dem mein Herz bis zum Hals schlug, die Hoffnung, dass vielleicht doch ein Gespräch möglich wäre. Aber die Tür blieb zu. Hast du auch schon einmal erlebt, wie es ist, wenn Freundschaften im Nebel verschwinden? Es ist, als bliebe etwas Unausgesprochenes in der Luft hängen – ungreifbar und unerreichbar.

Wir alle haben unsere eigenen Lebensgeschichten, die uns geprägt haben. Von der ländlichen Idylle in Heilbronn über die bayerische Landschaft bis zum sanften Hügeln in Mittelsachsen – jede Station hat mich geformt. Wenn wir uns den Herausforderungen des Lebens stellen, lasst uns auch die Trauer zulassen und den Verlust annehmen. Denn nur so können wir weiter wachsen.

Ich bin dankbar für jede Erfahrung, die ich mit euch teilen durfte. Gemeinsam finden wir die Kraft, weiterzugehen – auch wenn die Türen manchmal geschlossen bleiben. Lasst uns in diesen Zeiten füreinander da sein und an die lebendigen Erinnerungen und die Hoffnung auf neue Verbindungen festhalten.

In Freundschaft,  

Walter

Ganz Privat / 10. Dezember 2024

Von der Last der Einsamkeit zur Kraft der gelebten Liebe: Meine Reise mit HSP, Hereditäre Spastische Paraplegie

Bild: Walter Stuber

Gelebte Liebe steht höher als Dankbarkeit 

Dankbarkeit ist eine Tugend, die mir im Laufe meines Lebens immer wichtiger wurde. Doch was ich auf meinem Weg erst spät lernte, ist, dass gelebte Liebe noch wertvoller ist als reine Dankbarkeit. Mit meiner Erbkrankheit HSP 4, die sich bereits im sechsten Lebensjahr bemerkbar machte, entwickelte sich mein Leben anders als das vieler anderer Kinder. Meine Eltern, stark in die Landwirtschaft eingebunden, hatten wenig Zeit für mich. Schon früh lernte ich, selbstständig zu sein – ich kümmerte mich um die Hausarbeit und backte am Wochenende Kuchen.

In dieser Umgebung erlebte ich eine andere Art von Liebe – nicht die warme, umfassende Liebe, wie sie oft in christlichen Werten beschrieben wird. Die Liebe meiner Eltern war anders, oft nicht direkt spürbar, geprägt von Stille und harter Arbeit. Ich sehnte mich nach Zuneigung und machte oft den Fehler zu glauben, Liebe ließe sich erkaufen. Ich dachte, wenn ich anderen Geschenke mache, würde ihre Liebe folgen. Doch diese Annahme führte zu Enttäuschungen und ließ Freundschaften zu Gelegenheiten verkommen.

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Trotz dieser Herausforderungen blieb ich großzügig. Ich verstand, dass meine Großzügigkeit nicht das Mittel zum Zweck sein sollte, sondern ein Ausdruck meiner eigenen Werte. Es war ein langer Prozess zu erkennen, dass Liebe nicht durch materielle Dinge gewonnen wird, sondern durch echte, gelebte Beziehungen.

Heute sehe ich Liebe als eine Handlung, nicht nur als ein Gefühl. Es geht darum, wie wir uns täglich entscheiden, mit anderen umzugehen, wie wir Unterstützung und Verständnis zeigen. Liebe ist die Bereitschaft, für andere da zu sein, auch wenn es unbequem wird. Es ist die Kunst, zuzuhören, ohne zu urteilen, zu unterstützen, ohne zu erdrücken.

Diese Erkenntnisse haben mein Leben verändert. Ich habe gelernt, dass wahre Liebe in den kleinen, alltäglichen Handlungen liegt. Sie ist das freundliche Wort, der geduldige Zuhörer, die helfende Hand. Und während ich weiterhin dankbar bin für alles, was das Leben mir bietet, weiß ich nun, dass gelebte Liebe eine noch tiefere, bedeutendere Ebene der menschlichen Erfahrung darstellt.

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In der Balance zwischen Dankbarkeit und gelebter Liebe finde ich heute meinen Frieden. Ich strebe danach, beides in mein tägliches Leben zu integrieren, um nicht nur ein dankbares, sondern auch ein liebevolles Herz zu pflegen. Denn am Ende wird nicht gezählt, wie viel wir hatten, sondern wie viel wir geliebt haben.