Wie eine undramatische Diagnose mich ins Nachdenken über Leben und Tod gebracht hat
Von Walter Stuber
Ich kann mir wirklich Schöneres vorstellen als im Wartezimmer eines Arztes zu sitzen! Rechts und links hustet und schnieft es – und nachher bist du noch kränker als vorher. Leider habe ich nicht das Privileg einer privaten Krankenversicherung, also muss ich das durchstehen, wie jeder andere auch. Wie neulich, als die Schmerzen in meinem Bein nicht aufhören wollten.
Als ich dann endlich im Sprechzimmer war, eröffnete mir mein Hausarzt, dass ich eine Beinthrombose hatte. Nichts Außergewöhnliches. Aber er wies ausdrücklich darauf hin, dass so etwas gefährlich werden könnte. Der Rat des Fachmanns: Mit der richtigen Behandlung durch Medikamente und Kompressionsstrümpfe könnte die Gefahr gering gehalten werden.
Was wäre, wenn……
Dieses „könnte“ setze sich in meinen Kopf fest. Die Möglichkeit bestand also, dass es passieren könnte. Und dann? Gefäßverschluss… Im schlimmsten Fall war das mein Ende! Dieser Gedanke, dass mein Leben plötzlich vorbei sein könnte, ließ mich nicht mehr los! Ich begann in mich hineinzuhorchen und über Leben und Tod nachzudenken.
Gab es schon Warnsignale meines Körpers? Hatte ich womöglich etwas überhört? Ich spürte, je länger ich mich damit beschäftigte, desto mehr kam Panik in mir hoch. Vielleicht kennen Sie auch diese „Was wäre, wenn….“- Gedankenspiele. In dieser Situation führten sie zu nichts. Außer in die Angst.
Mitten im Leben ans Sterben denken?
Ich habe mir schließlich bewusst gemacht, dass ich sowieso nicht weiß, wann „mein letztes Stündlein geschlagen hat“. Gott sei Dank dafür! Aber gerade deshalb ist es wichtig, dass ich alles geregelt habe, für den Fall, dass ich ganz plötzlich mal nicht mehr da bin. Nicht nur was die Firma betrifft, auch mit Blick auf meine Frau und meine Familie. Über den eigenen Tod nachzudenken, mitten im Leben – das macht Sinn. Denn nichts ist so sicher wie der Tod! Leben und Tod können so nah beieinander liegen.
Aber ich lebe und das gerne! Deshalb ist die logische Konsequenz meinen derzeitigen Lebensstil zu überdenken! Achte ich genug auf mich und meine Gesundheit? Das funktioniert mal mehr, mal weniger. Besonders was mein Gewicht angeht. Nach einer Diät hatte ich um die 50 Kilo verloren. Lange Zeit ging es nur ein wenig rauf und runter. Aber leider sagte jetzt mein Arzt, dass die Waage einfach wieder zu viel anzeigt. Das bedeutet „Low Carb“ essen und mehr Sport machen. Und das, wo Weihnachten in Sicht ist! Aber was sein muss, muss sein. Schließlich will ich noch vieles bewirken als Mutmacher in dieser Welt!
Mutmacher sein
Das ist meine Berufung: Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen Mut zu machen. Zum Beispiel denjenigen, die überlegen sich selbstständig zu machen. Deshalb haben Dirk Eckart und ich das Buch MUTMACHER 2 herausgebracht, in dem 5×5 Gründerinnen und Gründer mit ihrer Firmengeschichte vorgestellt werden und Experten geben Tipps zur Firmengründung, wie die Jurorin von der VOX-TV Startup Serie „Die Höhle der Löwen“ Dagmar Wöhrl oder der BNI Nationaldirektor Harald Lais.
Ich bin auch gerne Ermutiger für Menschen, die wie ich eine Körperbehinderung oder einen angeborenen Gendefekt haben. Ich weiß, wie wichtig es ist, ermutigt zu werden, wenn man noch an dem „Warum?“ hängt.
Vom Warum zum Wozu?
Warum habe gerade ich eine spastische Spinalparalyse und das Klinelfelter Syndrom? Jahrelang bestimmte diese Frage mein Denken. Es hat gedauert, bis ich akzeptieren konnte, dass das ein Teil von mir ist, den ich nicht wie eine ungeliebte Frisur verändern kann. Die Gehbehinderung wird bleiben, auch wenn ich noch so trainiere. Das „Warum“ hat aber im Laufe der Zeit dem „Wozu?“ Platz gemacht.
Die Antwort darauf habe ich gefunden: Ich kann mit meinen Handicaps ganz besonders Menschen Mut machen, die selber mit Einschränkungen oder Behinderungen zu kämpfen haben. Mein Lebenslauf zeigt, dass man trotzdem etwas erreichen kann. Deshalb bin ich gerne als „Lebendes Beispiel“ unterwegs und hoffe, dass es irgendwann mal ganz normal ist, dass auch in Chefetagen Menschen mit Rolli, Krücken oder Blindenstock anzutreffen sind.
Unangenehm – aber realistisch und klug
Ich bin erstaunt, was ein Arztbesuch bei mir an Gedanken über Leben und Tod ausgelöst hat und bin dankbar dafür. Vielleicht warten Sie nicht bis zum nächsten Besuch bei einem Doktor und nehmen sich heute Zeit über Ihre Gesundheit und „Work Life Balance“, das „Wozu“ und über das Leben und Sterben nachzudenken?
Gerade Letzteres macht keiner gerne. Aber mir hilft es, das, was mir gerade so wichtig erscheint im Leben, besser einordnen zu können ins große Ganze. Nicht selten merke ich danach, auf was es wirklich ankommt! Das ist echte Weisheit, von der schon in der Bibel, in Psalm 90, die Rede ist. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden!“
Warten Sie nicht, bis Ihnen Ihr Arzt eine mehr oder weniger besorgniserregende Diagnose stellt, damit Sie sich mit dem Thema „Leben und Sterben“ auseinander setzen.
Es ist nie zu früh festzuhalten, wie Sie alles geregelt haben möchten im Fall der Fälle.