von Walter Stuber
Als Spezialgerüstbauer sind wir es gewohnt, ganz besondere Projekte umzusetzen. Hängegerüste an Talsperren, Einrüstungen auf engsten Raum an Hochhäuser in der Frankfurter City oder an Bahnbrücken sind ein nur ein paar Beispiele. Oft bieten wir ungewöhnliche Lösungen an, damit den Kundenwünschen zu hundert Prozent entsprochen werden kann.
Aber es kommt auch vor, dass Auftraggeber „verrückte“ Anforderungen mit dem Auftrag verknüpfen. Da fällt mir sofort die Brückeneinrüstung ein, die wir 2007 über die Donau bei Straubing bauen sollten. Die Bundesstraße 20 führte über die riesige Bogenbrücke.
Die unbekannte Welt der Binnenschifffahrt
Der Bauherr forderte im Auftrag die Bereitstellung eines Wahrschauers. Mein Kompagnon Dirk Eckart und ich hatte zunächst keine Ahnung, was damit gemeint war. Der Spezialgerüstbau ist unsere Profession. Aber mit diesem Begriff, der wie sich herausstellte aus der Binnenschifffahrt stammte, konnten wir nichts anfangen. Wir erfuhren, dass ein „Wahrschauer“ eine Person oder ein Signal ist, das Schiffe warnt.
Bei unserer Baustelle sollte der „Wahrschauer“ die Situation der vorbeifahrenden Schiffe auf der Donau überblicken und die Gerüstbauer in luftiger Höhe rechtzeitig informieren, bevor ein Schiff die Brückenbaustelle passierte. Die Arbeit sollte dann für die Zeit der Passage eingestellt werden, damit keine Gefahr durch herunterfallendes Gerüstmaterial oder Werkzeug für das Schiff bestand. Natürlich haben wir damals einen „Wahrschauer“ gesucht, gefunden und eingesetzt.
Motorbootführerschein für Kundenzufriedenheit
Aber damit nicht genug. Eine weitere „Muss“ bei diesem Auftrag war, dass jederzeit ein Motorboot bereit stehen sollte. Falls ein gesicherter Mitarbeiter abstürzen würde, sollte er mit dem Höhenrettungsgerät abgeseilt werden und dann direkt von dem Boot aufgenommen werden.
Auch diesen Wunsch wollten und mussten wir unserem Kunden erfüllen. Aber für so ein Motorboot braucht man einen Führerschein. So kam es, dass Dirk Eckart und ich den Motorbootführerschein „Binnen“ machten und alles rund um Ab- und Anlegen am Steg, Wendemanöver und Seemannsknoten lernten.
Wissen „auf Vorrat“ aneignen
Eigentlich völlig verrückt für einen einzigen Auftrag solch ein Aufwand! Aber wir sind nun mal die „verrückten Unternehmer“! Wir lassen uns auch auf so etwas ein! Und ich gebe zu, dass es mir Spaß gemacht hat, mich in diese völlig unbekannte, maritime Materie einzuarbeiten. Zum Einsatz kam dieses neuerworbene Wissen bei übrigens nicht. Gott sei Dank gab es keinen Absturz! Und auch später habe ich nie am Steuer eines Motorbootes gestanden. Aber vielleicht kommt das ja noch!
Das ist eine Erfahrung, die ich immer wieder mache: Ich eigne mir Wissen an und weiß nicht, wann ich es mal einsetzen kann. Aber das Lernen und Befassen mit dem bisher Unbekannten, erweitert meinen Horizont und das ist eine große Bereicherung.
Neues Lernen tut gut
Lassen Sie sich davon für Ihr Business inspirieren:
Wo können Sie auf „verrückte Anforderungen“ eingehen, Kunden von Ihrem Einsatz begeistern und am Ende selbst von den neuen Erfahrungen profitieren?
Wo gibt es im privaten Umfeld für Sie Möglichkeiten Neues zu lernen? Auch wenn Sie jetzt noch gar nicht wissen, wann und wo Sie das Wissen, die Fertigkeit, einsetzen werden. Allein dass Sie Ihrem Gehirn neue Nahrung zum Verarbeiten geben, wird Ihnen gut tun.
Ich mache Ihnen Mut zu lebenslangem Lernen! Dafür ist man übrigens nie zu alt!