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Aus dem Gerüstbauer-Leben / 13. Juli 2021

Billig statt sicher- Wie dieser Kundenwunsch mich in eine tiefe Krise geführt hat

Billig statt sicher

Von Walter Stuber   

Ein Mitarbeiter verunglückt auf einer Baustelle tödlich. Der Horror für jeden Unternehmer im Baugewerbe. Einmal musste ich das vor vielen Jahren erleben und mir war klar, dass darf nicht nochmal passieren. Seitdem hat Sicherheit allerhöchste Priorität. Alle Bestimmungen und Vorgaben müssen in unserer Firma eingehalten werden! Da gibt es nichts zu diskutieren. Ich bin sehr dankbar, dass im Laufe der Jahre immer mehr Möglichkeiten zur Unfallverhütung dazugekommen sind.  

Aber solche Maßnahmen kosten natürlich Geld oder sorgen dafür, dass manche Arbeiten etwas länger brauchen. Deshalb gehören wir nicht zu den Anbietern mit den niedrigsten Preisen. Dafür steht die Gemeinhardt Service GmbH für Qualität und Arbeitssicherheit. Aber ist es auch das, was für unsere derzeitigen und zukünftigen Kunden an erster Stelle steht? Ich wollte es genau wissen und habe Kerstin Hawraneck von KeHaConsulting beauftragt, eine Umfrage zu machen.  

Kundenumfrage: Worauf kommt es an? 

Das Ergebnis war ernüchternd: Viele der Befragten haben sich noch nicht einmal die zehn Minuten Zeit genommen, um unserer Fragen zu beantworten und die, die sich die Mühe gemacht haben, betonten zu 98%, dass für sie nur der Preis zählt. Qualität und Arbeitsschutz im Gerüstbau sind ihnen total unwichtig. Von öffentlichen Auftraggebern habe ich nichts anderes erwartet. Deshalb machen wir schon lange nicht mehr bei solchen Ausschreibungen mit. 

Aber besonders in der Industrie oder auf dem Bau hätte ich schon erwartet, dass Qualität, Arbeitsschutz und Termintreue den Kunden sehr wichtig sind. Allerdings hätte mich das Telefonat mit dem Geschäftsführer eines Walzwerkes, das wir vor Kurzem geführt haben, hellhörig machen müssen. Er sagte klipp und klar: „Wir nehmen den Günstigsten. Wenn der keine Qualität, Arbeitsschutz und Termintreue liefert, tauschen wir ihn einfach aus.“  

Selbstzweifel und Depression 

Das Ergebnis der Umfrage hat mich in eine schwere persönliche Krise gestürzt. Alles, was für mich sicheres Arbeiten im Gerüstbau ausmacht, alles wofür unser Unternehmen steht, wird von den (meisten) Kunden überhaupt nicht geschätzt. Mich quälte die Frage: Sollen meine Mitarbeiter ihre Gesundheit und ihr Leben gefährden, nur damit wir einen möglichst geringen Preis bieten können und die Aufträge bekommen? Meine Business-Werte kamen gehörig ins Wanken. Ich habe an mir und meiner „Sicherheitsmission“, meinem Unternehmersein massiv gezweifelt. Es nagte in mir: Ob die anderen Gerüstbauer, die die Vorgaben nicht so ernst nehmen wie wir, es vielleicht doch richtig machen?  

Ich bin ganz ehrlich: Ohne meinen christlichen Glauben hätte ich mir in dieser Zeit vielleicht das Leben genommen. Durch das Gespräch mit Gott, das Beten, konnte ich immer wieder neuen Lebensmut schöpfen. Ich musste lernen zu akzeptieren, dass der Großteil der befragten (realen und potenziellen) Kunden lieber alles billig haben wollen und Sicherheit für sie keine Rolle spielt. Das fühlte sich für mich so an, als ob ich mit meiner Mission, das Arbeiten auf den Gerüsten so sicher wie möglich zu machen, gescheitert wäre.  

Scheitern will gelernt sein 

Dann las ich einen Blog-Beitrag von Business-Trainer und Leiter der Gutshof Akademie  Rainer Wälde  mit der Überschrift „Auch Scheitern will gelernt sein“ . Er berichtet darin, dass er sich von einem jungen Mitarbeiter-Ehepaar verabschieden musste, weil die beiden gemerkt hatten, dass es für sie im Gutshof nicht gepasst hat. Rainer Wälde hatte das ganz anders wahrgenommen. Er sah eine gute Basis, er hat den beiden vertraut, wollte mit ihnen im Bereich des Küche Neues aufbauen.  

Dass daraus nicht geworden ist, daran erinnern ihn drei rote Starkstromsteckdosen in der Küche, die extra installiert worden sind. Diese Steckdosen sind für Rainer Wälde ein Symbol für einen großen Traum, der geplatzt ist. Aber stand am Anfang beim Anblick das „Warum?“ und das Scheitern im Vordergrund, ist er heute dankbar für das Gute, das er mit den ehemaligen Mitarbeitern erlebt hat und er freut sich auf den Moment, wenn der Starkstrom wieder fließen kann. Mit Mitarbeitern, wo alles passt. Ein Perspektivwechsel ist also möglich.  

Unsere Firmenwerte stehen fest! 

Dieser Blogbeitrag von Rainer Wälde hat mich für meine Situation ermutigt. Ich will nicht stehen bleiben bei dem Gefühl, dass ich damit gescheitert bin, Kunden zu vermitteln, dass Arbeitssicherheit an höchster Stelle steht und dass das nicht zu Dumpingpreisen machbar ist. Ich werde und kann in Punkto Sicherheit keinen Schritt zurückgehen. Deshalb werden wir nur noch mit Kunden zusammenarbeiten werden, die unserer Werte teilen.  

Die Gemeinhardt Service GmbH steht für höchste Sicherheit, Arbeitsschutz, Qualität und Verlässlichkeit! Ich möchte auch weiterhin abends in den Spiegel schauen können, mit einem „Gott sei Dank“ auf den Lippen, dass es keinen Unfall auf unseren Baustellen gab und alle gesund nach Hause gekommen sind und mit dem Wissen, dass wir alles Menschenmögliche dafür getan haben.  

Allgemeine Themen / 29. September 2020

Aufstehen und kreativ werden

Aufstehen

Aufstehen und kreativ weitermachen statt liegen bleiben und Insolvenz anmelden

Unsere Welt hat sich in diesem Jahr verändert. Das Privatleben ist davon genauso betroffen, wie das öffentliche Leben und die Wirtschaft. Nach dem Dauerstress in vielen Branchen kam der Lockdown. Viele Unternehmer haben diese Zeit gut gemeistert. So mancher ist im Nachhinein dankbar für die persönliche Entschleunigung. Es gibt aber noch genug Firmen, für die ist die Insolvenz nach wie vor das Schreckgespenst schlechthin. Vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Reisebranche.

Wie gut, dass sich die Lage in den letzten Wochen entspannt. Ich hatte erwartet, dass jetzt viele Interessierte zu den Unternehmernetzwerken wie BNI dazustoßen. In den Gruppen, in denen ich unterwegs bin, ist davon allerdings nichts zu spüren. Vielleicht liegt es daran, dass die BNI-Treffen morgens in aller Frühe zwischen 6.30 Uhr und 7.00 Uhr beginnen? Sicher, der ein oder die andere hat dann noch familiäre Verpflichtungen oder ist ein Morgenmuffel. Das könnten Gründe sein, warum der Zulauf nicht so groß ist.

Von Walter Stuber

Unternehmen – nicht unterlassen

Aber mal ganz ehrlich: Wenn ich mein Unternehmen wieder aus den negativen Zahlen herausführen müsste, dann würde ich jede Möglichkeit nutzen, um einer Insolvenz zu entgehen! Alles andere müsste dann erstmal dahinter zurückstehen. Einschließlich die Morgenmüdigkeit!

Könnte es sein, dass das nicht passiert, weil so mancher Unternehmer nach dem Lockdown in eine Art Depression verfallen ist? Man liegt am Boden, leckt sich die Wunden. Aufstehen und weitermachen, scheint keine Option zu sein. Warum eigentlich nicht?! Unternehmer sein bedeutet etwas unternehmen – und nicht unterlassen!

Neue, mutige Wege gehen

Sich aufrappeln und auf die eigenen Firmenwerte besinnen, das was gut war, weiterführen und Neues wagen. Das sollte die Unternehmer-Devise sein! Warum nicht mal ein Netzwerktreffen besuchen und neue Kontakte knüpfen? Auch wenn man bisher kein Fan davon war! Warum nicht als Lieferant die Initiative ergreifen, die Kunden persönlich anrufen, Angebote machen oder direkt nach Aufträgen fragen? Und nicht nur auf den Anruf vom Kunden warten!

Unsere Welt hat sich seit Anfang des Jahres massiv verändert. Unternehmerinnen und Unternehmer können in den meisten Fällen nicht da weitermachen, wo sie vor der Krise aufgehört haben. Kreativität ist gefragt, damit ein Unternehmen auf Erfolgskurs bleibt oder wieder dahin zurücksteuern kann.

Welche neuen, vielleicht auch ungewöhnlichen Wege sind Sie mit Ihrer Firma in diesem Jahr aufgrund von Corona gegangen? Ich freue mich auf Ihren Kommentar oder Ihre Mail.