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Aus dem Gerüstbauer-Leben / 7. August 2018

Quo Vadis: Handwerk in Deutschland?

Ohne neue Technologien und langfristige Nachfolge-Planung keine Zukunft für das Handwerk in Deutschland

Keiner soll sagen: Es kam überraschend! Dass der Fachkräftemangel uns einholen würde, war schon lange klar und auch, dass es noch heftiger werden wird,  als es bereits ist. Nämlich dann, wenn die Jahrgänge 1959 bis 1961 in Rente gehen. Man rechnet mit rund 600.000 Fachkräften, die dem Arbeitsmarkt (und auch dem Handwerk in Deutschland) dann nicht mehr zur Verfügung stehen werden.

Schon heute braucht  fast jeder Handwerksbetrieb neue Mitarbeiter. Im Moment variiert es zwischen ein und fünf. Bis zum Jahr 2025 werden es mindestens zehn freie Stellen sein, die zusätzlich besetzt werden müssen. Dazu kommt die Problematik, dass viele Unternehmer in Rente gehen werden und die Nachfolge nicht langfristig geregelt worden ist. Es ist zu befürchten, dass viele Betriebe dann schließen müssen. Die einen, weil sie keine Mitarbeiter mehr finden, die anderen, weil niemand Chef sein will.

Unternehmer schaffen ihr Lebenswerk selber ab

Das Dramatische: Viele klein- und mittelständische Unternehmer, deren Firmen ihr Lebenswerk sind, sorgen selber dafür, dass das, was sie mühevoll, mit viel Herzblut  jahrzehntelang aufgebaut haben, zugrunde geht. Viele Unternehmer schaffen ihr Lebenswerk aus diesen Gründen selber ab:

  1. Sie haben sich nicht mindestens 15 Jahre bevor sie in Rente gehen um einen Nachfolger bemüht.
  2. Sie geben zu wenig Geld aus für die Motivation des bestehenden Mitarbeiterteams.  Nur wenn das Team motiviert ist, werden auch neue Mitarbeiter von dem positiven Sog mitgerissen und ein Teil des Betriebes werden wollen.
  3. In 85 Prozent der Betriebe wird keine oder nur sehr wenig Öffentlichkeitsarbeit betrieben.
  4. Viele versäumen es, sich mit neuen Technologien oder Arbeitshilfen für Mitarbeiter auseinanderzusetzen und hier zu investieren.

Offenheit für neue technische Entwicklungen

In der Gerüstbaubranche tut sich gerade sehr viel in Blick auf neue Technologien. Es gibt Unternehmer-Kollegen, die setzten alle Hoffnungen auf ein Start-up in München, das sich auf Höhentransport spezialisiert hat um Personalkosten zu senken. Die Gerüstbaufirma www.spanier-wiedemann.de in Longuich/Mosel ist Vorreiter in Sachen Transporttechnologie. Daraus hat sich ein neues Unternehmen gegründet: www.scaffeye.de. Eine digitale Lösung zur zentralen Verwaltung von Gerüsten, bei der Arbeiten rechtssicher dokumentiert, verwaltet und geprüft werden.

Es ist noch gar nicht lange her, da wurden Hermann Spanier und seine Tochter Jeanette für ihre hochtechnischen Ideen in der Branche belächelt. Warum? Weil sich kein Gerüstbauer vorstellen konnte, dass Computerprogramme und Apps bei ihrem „Hand-Werk“ eine Rolle spielen könnten. Leider ist gerade bei uns Handwerkern vieles eingefahren und es dauert sehr lange, bis Neuerungen wahr- und dann auch noch angenommen werden.

Gemeinsam investieren

Ich bedauere es sehr, dass im Gerüstbau nicht mehr an einem Strang gezogen wird in Blick auf die Zukunftsfähigkeit unseres Handwerks. Wenn zum Beispiel die Bundesinnung des Gerüstbau-Handwerk  sich dafür stark machen würde, dass  jeder der rund 700 Mitgliedsbetriebe für die Entwicklung neuer Technologien, wie CAD-Programme und Roboter,  20 % des Jahresgewinns freiwillig in einen Technologietransfer geben würde,  könnten wir gelassen auf das Jahr 2025 zugehen und den extremen Fachkräftemangel dank technischer Unterstützung abfedern oder sogar ausgleichen.

Aber selbst, wenn die Innung das empfehlen würde, bin ich mir sicher, dass ein Großteil der Unternehmer nicht so viel Geld dafür einsetzen würde, weil ihnen diese Art von Weiterentwicklung fern ab der Realität zu sein scheint. Für meine Begriffe ist das viel zu kurz gedacht!

8 Tipps wie Sie Ihr Unternehmen zukunftsorientiert führen

  • Es ist nie zu früh über die Unternehmensnachfolge nachzudenken! Je eher Sie zielgerichtet jemanden suchen, desto sorgfältiger, harmonischer und in Ihrem Sinne kann die Übernahme erfolgen. Ihre Mitarbeiter werden es Ihnen danken, wenn sie wissen, dass es für sie weiter geht, auch wenn Sie aus Altersgründen nicht mehr die Fäden in der Hand halten.
  • Wenn Sie 45 plus sind, dann ist es höchste Zeit über Nachfolge nachzudenken!  Viele möge es kaum glauben, spätestens 10-15 Jahre vor Rentenbeginn sollten die Weichen gestellt werden.
  • Fokussieren Sie sich in Ihren Nachfolge-Plänen nie zu sehr auf Ihre Kinder. Akzeptieren Sie es, wenn Sie Ihr Lebenswerk nicht weiterführen wollen, weil ihre Herzen für ganz andere Dinge schlagen. Unternehmer sein ist aber Herzenssache. Deshalb: Seien Sie offen für viele andere Möglichkeiten.
  • Geben Sie auch einem Mitarbeiter die Chance Ihren Betrieb als Geschäftsführer zu übernehmen. Zum Beispiel durch die jährlichen Erhöhung der Anteile. Ihr Betrieb ist nur so gut wie Ihre Mitarbeiter!
  • Professionelle Hilfe in Sachen Unternehmensnachfolge bietet Manuel Hein mit www.olea-nachfolge.de
  • Der Satz „Das haben wir aber immer schon so gemacht!“ kann Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit verhindern. Deshalb seien Sie offen für technische Neuerungen und haben Sie den Mut diese in Ihrem Unternehmen einzusetzen, wenn sie für Ihre Mitarbeiter hilfreich und entlastend sind.
  • Nutzen Sie einen Teil Ihres Jahresgewinns dazu in neue Technologien zu investieren. Idealerweise suchen Sie sich Partner. Gemeinsam kann man viel mehr bewirken.
  • Nutzen Sie die Öffentlichkeit. Wählen Sie ungewöhnliche Wege. Egal ob es um Unternehmensnachfolge geht oder die Suche nach Fachkräften. Falls das für Sie ein ungewohnter Weg ist und Sie damit keine Erfahrungen haben, kann ich Ihnen gerne Empfehlungen weitergeben. Schreiben Sie mir einfach eine Mail.