Existenzangst! Wie reagiere ich als Unternehmer*in in Krisen
Corona hat unser Land in einen Ausnahmezustand gebracht. Wobei im Vergleich zu anderen Ländern geht es uns in Deutschland noch relativ gut oder zumindest besser. Da schreibe ich nichts Neues. Viele suchen nach den Fehlern im System. Fakt ist: Man kann es leider nicht jedem recht machen.
Besonders unter Selbstständigen und Unternehmern unterschiedlichster Branchen herrscht eine große Existenznot. Die Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar trifft das Hotel- und Gaststättengewerbe und den Einzelhandel besonders hart. Hier fragen sich viele, wie sie überleben können. Das ist total verständlich.
Von Walter Stuber
Kurz vor der Pleite
Was ich nicht verstehe ist – und das habe ich schon in meinem Blog vom 5.Januar gemacht- , dass so mancher sich darauf versteift, dass die staatliche Hilfe alles richten wird. Das ist eine Utopie!
Die Situation jetzt kann man vergleichen mit einer krassen unternehmerischen Fehleinschätzung. Die kann man genauso wenig voraussehen, wie eine Pandemie mit diesem Ausmaß, wie wir sie gerade erleben. So etwas haben Dirk Eckart und ich 2010 erlebt. Wir hatten uns bei einem großen Projekt so sehr verkalkuliert, dass unsere Existenz bedroht war. Wir haben damals nicht nach dem Staat geschrien, sondern mit unserer Hausbank gesprochen.
Unternehmerische Freiheit mit vollem Risiko
Tatsächlich haben wir dort die nötige Hilfe bekommen. Allerdings nicht ohne, dass wir beide sämtliche Ersparnisse und sogar unsere kompletten Rentenrücklagen eingebracht haben. Zusätzlich haben wir über mehrere Jahre auf einen Teil unseres Geschäftsführergehaltes verzichtet und haben letztendlich weniger Geld bekommen als unsere Führungskräfte.
Aber dafür bin ich Unternehmer und kein Angestellter! Der Preis für meine unternehmerische Freiheit ist, dass ich bei allem das volle Risiko tragen! Gerade in Krisen wie jetzt ist es wichtig, dass wir Unternehmer*innen Demut lernen und bereit sind zu verzichten, damit es für das Unternehmen weitergehen kann. Ich bin mir sicher: Es werden wieder bessere Zeiten kommen! Bis dahin müssen wir maßvoll handeln. Nichts anderes bedeutet demütig zu sein.
Lieber Herr Stuber,
grundsätzlich sehe ich die Situation ähnlich wie Sie: Erst kommt die Verantwortung der Unternehmer, dann die Hilfe des Staates. Hand aufhalten bei Vater Staat allein ist zu wenig.
Allerdings ist die aktuelle Situation nicht mit Ihrer Krise 2010 vergleichbar. Sie haben eine punktuelle Fehlentscheidung getroffen, Sie hatten offensichtlich ein gesundes Unternehmen und kurz nach der Finanzkrise auch eine aufsteigende wirtschaftliche Situation.
Dagegen: Wie lange Friseure, Gaststätten oder oder noch geschlossen haben, ist reichlich unklar. Deren Unternehmen sind nach einem knappen Jahr in der Regel nicht mehr gesund zu nennen und wie die Wirtschaft insgesamt künftig laufen wird – keiner weiß es.
Es gibt betroffene Unternehmer, die kreativ sind, sich enorm engagieren, aber trotzdem keine schwarze Null erwirtschaften. Das in meinem Umfeld zu sehen, ist wirklich bitter.
Gleichzeitig gibt es einige Corona-Gewinner wie etwa die Pharma- oder IT-Branche.
Ich denke, es ist eine gesellschaftliche Aufgabe dieses Ungleichgewicht auszugleichen und das Soziale der Sozialen Marktwirtschaft wieder zu stärken. Wie immer das konkret aussehen mag.
Herzliche Grüße
Jens Gieseler